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Presseartikel 22. Juli 2023 in der PNP Rottal-Inn

 

Esel, Pferde, Schafe

Neuer Tierschutzhof in Ering: Die ersten Vierbeiner sind schon da

22.07.2023 | Stand 21.07.2023, 16:25 Uhr

Florian Heiß, Volontär

 

Beate Sigl leitet den Tierschutzhof in Ering und so auch die dortige Geschäftsstelle des Vereins Bund gegen Missbrauch von Tieren.

In Ering (Landkreis Rottal-Inn) hat ein neuer Tierschutzhof eröffnet. Eingezogen sind bereits ein Esel, zwei Pferde, drei Ziegen, vier Schafe und fünf Hühner.

Einen Hofhund gibt es auf dem Tierschutzhof in Ering nicht, die Rolle übernimmt der weiß-graue Esel Fridolin. Er galoppiert über seine Weide, reckt den Kopf neugierig über den Zaun. Dann begrüßt der 20-jährige Esel die Besucher mit seinem, teilweise schon etwas schrill klingenden, Iahen. Fridolin ist eines der ersten Tiere, die auf dem Tierschutzhof eine neue Heimat gefunden haben. „Er ist der neue Dorfwecker“, sagt Leiterin Beate Sigl fast etwas beschämt.

Neben Fridolin leben mittlerweile schon zwei Pferde, drei Ziegen, vier Schafe und fünf Hühner auf dem Tierschutzhof. Alle nennt Beate Sigl beim Namen, den sie oder die Vorbesitzer ihnen gegeben haben. Die beiden Pferde, Ronja (23) und Angel (10), traben immer gemeinsam über die Weide. Beate Sigl: „Bei ihnen wurde es versäumt, Mutter und Tochter irgendwann zu trennen. Jetzt ist Angel eine ,Kleberin‘.“ Wie es der Ausdruck schon verrät, folgt sie auf Schritt und tritt ihrer Mutter, klebt förmlich an ihr.

Vorbesitzer konnte sich nicht mehr um Tiere kümmern


Der Vorbesitzer von Ronja, Angel und Fridolin in Baden-Württemberg konnte sich aufgrund seines Alters nicht mehr ausreichend um die Tiere kümmern und hat deshalb lange nach der passenden Bleibe für das tierische Trio gesucht. Das Herz des 85-Jährigen hing an ihnen: „Fünf Tage nachdem Ronja, Angel und Fridolin zu uns gekommen sind, ist er dann gestorben“, erzählt Sigl.

Sie hat mehrere Fachprüfungen absolviert, um sich um die verschiedenen Tierarten kümmern zu können. In Ering hätten sich Ziegen, Esel & Co. gut eingelebt, obwohl „mir alle prophezeit haben, dass die Eingewöhnung schwierig wird“.

Katzen gibt es auf dem Tierschutzhof noch nicht, denn: „Wir dürfen keine jungen Tiere annehmen, weil wir sonst eine tierheimähnliche Einrichtung wären.“ Damit seien andere rechtliche Voraussetzungen zu beachten. Platz hätten die Miezen genug, denn in einer ehemaligen Destillerie ist ein Katzen-Paradies entstanden. Mehrere Zimmer, alle mit vielen Kratzbäumen und anderen Möglichkeiten zum Austoben ausgestattet – und Zugang zum Freiluftgehege. „Wir bekommen hauptsächlich Tiere aus Sterbefällen oder welche mit Handicap.“

Corona hatte den Umbau verzögert


Eigentlich hätten die Tiere schon viel eher auf den Hof kommen sollen, aber Corona, der Krieg in der Ukraine und Schwierigkeiten, geeignete Handwerker zu finden, hatten den Umbau verzögert. Jetzt erwartet die Tiere auf dem Gnadenhof eine Wohlfühloase für die letzten Lebensjahre. „Sonst hätte vielen von ihnen die Schlachtung gedroht“, sagt die Leiterin, während sie mit einer Art Müsli an die Schafe füttert. Alle Gehege auf dem Hof bieten viel Platz, 10000 Quadratmeter sind es insgesamt.

Die Liebe von Beate Sigl zu den Tieren merkt man in jedem Moment, den man mit ihr auf und zwischen den Weiden verbringt. Selbst in ihrem Briefkasten lebt eine Rotschwanzfamilie, weshalb ihr geliebter Kater Tom vorerst drinnen bleiben muss. Wenn sie erzählt, wirkt es, als hätte sie durchgehend Urlaub auf dem Bauernhof. In den zwei Jahren, seitdem sie das Anwesen in Ering betreut, hat sie etwa 1000 Überstunden gemacht. Abends bleibt sie oft länger, oder sogar gleich über Nacht. „Ich kann den Tieren nicht einfach Geld geben und sagen, dass sie sich was von McDonalds holen sollen.“

Ein Leben ohne Tiere ist für sie unvorstellbar, dennoch wünscht sie sich ein bisschen mehr Unterstützung – finanziell und als Entlastung bei der Arbeit. Der Tierschutzhof ist deshalb dringend auf der Suche nach Paten für die Tiere.

Schwarzes Köpfchen mit zwei kleinen Hörnern, ansonsten ein weißes Fell. Noch klein, aber unerschrocken hüpfen die Ziegen durch ihren Stall. Die vier Zicklein auf dem Hof hat das Veterinäramt vermittelt. Sie wurden dem alten Besitzer weggenommen, weil sie dort schlecht behandelt wurden. Es dauere noch ein bisschen, bis sie auch nach draußen dürfen, erklärt Sigl. Das Gehege ist schon bereit, direkt neben den Schafen.

Genug Platz für weitere Tiere


„Es ist noch genug Platz für viele weitere Tiere“, meint Beate Sigl. Meist sei es nur schwierig, wenn ein Besitzer gleich mehrere Tiere abgeben will – oder muss. „Uns hat beispielsweise jemand angesprochen, der gerne einen Entzug antreten würde. Da geht es aber dann um acht Pferde.“ Fertig ist noch lange nicht alles auf dem Hof, zum Beispiel soll noch ein Nagerhaus entstehen. Aber eines steht fest: „Der Hof ist keine Arbeit, sondern das muss man leben“, erzählt Beate Sigl, die in ihrer Freizeit gerne schnelle Motorräder fährt.

Währenddessen läuft Fridolin freudig in Richtung Weidenzaun – nicht nur zur Begrüßung, sondern auch zur Verabschiedung. Wer braucht da schon einen Hofhund? Der iahende Ruf des Esels klingt zwar etwas ungewöhnlich, dürfte ungebetene Gäste aber wohl schnell verschrecken.